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Konflikte am Arbeitsplatz: Braucht Ihr Unternehmen Mediation?

Im Büro treffen die unterschiedlichsten Persönlichkeiten aufeinander – das kann oft zu Unstimmigkeiten oder sogar Konflikten führen. Wie Sie als Führungskraft Streit am Arbeitsplatz lösen, verraten die erfahrenen Wirtschaftsmediatoren Mag. Margot Tschank und DI Horst Gamperl im LEITHAMMEL-Interview.

Was ist Mediation – und was kann sie?

Margot Tschank: Der Mediator ist ein Konfliktlöser: Er führt die Streitparteien vom Kriegspfad zurück zum Friedenspfad. Er ist dafür zuständig, dass sie selber Lösungen erfinden, ohne dass er die Lösungen vorgibt. Das ist etwas ganz Wesentliches!

In dem Moment, in dem die Parteien gemeinsam eine Lösung entwickeln, ist diese natürlich viel nachhaltiger und wirkt viel besser als eine extern angeordnete Lösung. Das ist der riesige Vorteil der Mediation.

Horst Gamperl: Bei der Mediation gibt es zudem eine gewisse Freiwilligkeit. Mediation, speziell Wirtschafts-Mediation, kann nicht auferlegt werden. Die Medianten müssen wirklich aus freien Stücken heraus an diesem Verfahren teilhaben. Dann kann es auch zum Erfolg führen.

Welchen wirtschaftlichen Nutzen hat Mediation für ein Unternehmen?

Margot Tschank: Wenn in Unternehmen Konflikte sind – oft sind diese ja latent – sinken häufig Produktivität und die Freude am Arbeiten. Hier entstehen Kosten, die viele Unternehmen unterschätzen!

Es ist natürlich so, dass viele sich noch immer denken: „Naja, der Konflikt ist halt da, er wird schon wieder verschwinden“. Das ist einer der ganz großen Irrglauben!

Da entstehen Kosten, die enorm sind und von denen die Unternehmen gar nicht wirklich wissen.

Horst Gamperl: Es gibt Studien darüber, von der KPMG zum Beispiel, dass in Unternehmen wirklich bis zu 15% der Personalkosten für latente Konflikte, oder „kalte Konflikte“, die also nicht an die Oberfläche kommen, verbraucht werden. Die Personalkosten steigen, der Ertrag sinkt.

Bei Führungskräften ist diese Zahl wesentlich höher – das kann bis zu 40% gehen, wenn Konflikte in den Teams entstehen. Jeder kennt seine Personalkosten – und jeder Controller wird ausrechnen können, was eine wirklich gute Konfliktbewältigung eigentlich bringt.

Wie erkenne ich Konflikte in meinem Unternehmen und wie kläre ich sie?

Horst Gamperl: Es gibt verschiedene Formen von Konflikten. Bei „kalten“, also latenten, Konflikten haben es Führungskraft natürlich sehr schwer. Es ist sehr viel Einfühlungsvermögen notwendig, um zu erfahren, warum denn manche Projekte langsam laufen oder nicht gut zu Ende geführt werden.

Wenn es „heiße“, also bereits offene Konflikte gibt, dann wird die Führungskraft dies unweigerlich mitbekommen und dann dementsprechend darauf reagieren können.

Es ist sehr wichtig, die vorhandenen Konfliktlösungsmöglichkeiten als Führungskraft zu kennen!

Wir bieten z.B. dafür Seminare an, in denen wir zeigen, wie man Konflikte gut und professionell lösen kann. Löst sich ein Konflikt nicht, so ist eine professionelle Wirtschaftsmediation, wie wir sie anbieten, der nächste Schritt.

Bei welchen Themen wird Mediation in Unternehmen eingesetzt?

Margot Tschank: Ganz häufig entstehen Konflikte bei Betriebsübernahmen.

„Die Eltern übergeben das Unternehmen an die Kinder“: Das ist ein klassischer Fall, der häufig Streit verursacht.

Da ist es sehr ratsam, präventiv im Vorfeld Mediation einzuleiten und nicht erst dann, wenn der Konflikt bereits ins private Leben überschwappt. Denn: Familie und Beruf lassen sich oft schwer trennen.

Unfrieden entsteht auch häufig bei Zusammenarbeiten verschiedener Teams und Abteilungen innerhalb eines Unternehmens. Hier sind es oft unterschiedliche Sichtweisen, die böses Blut schaffen.

Einen Spezialfall stellt die Lehrlingsmediation dar.

Die Lehrlingsmediation ist verpflichtend, wenn es darum geht, das Lehrverhältnis zu beenden!

Neben diesen innerbetrieblichen gibt es noch die zwischenbetrieblichen Konflikte. Das heißt also: Uneinigkeiten zwischen dem Unternehmen und externen Personen, seien es Kunden, Lieferanten oder andere Unternehmen.

Horst Gamperl: Bei innerbetrieblichen Konflikten müssen verschiedenste Menschen plötzlich zusammenarbeiten: Hier gibt es häufig Änderungen in der Ablauforganisation oder etwa neue Abteilungsleiter. Jede Organisationsänderung kann zu Konflikten führen. Daher ist es auch sehr ratsam, Wirtschaftsmediation als mögliche Lösung in Betracht zu ziehen.

Prävention: Gibt es Maßnahmen, die ich ergreifen kann, um Konflikten zuvorzukommen?

Horst Gamperl: Grundsätzlich: Konfliktprävention – also Konfliktmanagement im Unternehmen selbst – ist ein sehr wichtiger Faktor, um Konflikte gar nicht so weit kommen zu lassen, dass ich einen Mediator brauche. Wenn die Auseinandersetzung merklich unvermeidbar ist, dann gibt es auch für die Führungskraft Werkzeuge, die in der Mediation angewendet werden.

Eine Möglichkeit bei Konfliktmanagement im eigenen Unternehmen ist, einen internen Konfliktlöser zu etablieren; sozusagen als „Briefkasten“, wenn es Uneinigkeiten gibt.

Margot Tschank: Genau, dieser wird häufig als Konfliktlotse bezeichnet. Der Konfliktlotse braucht eine gewisse Aus- bzw. Weiterbildung, damit er dementsprechend weiß, wie er mit Konflikten umgeht. Das kann ruhig jemand aus den Fachabteilungen sein, der dementsprechend geschult ist.

Und es hängt natürlich sehr stark mit der Unternehmenskultur zusammen! Wenn ein Unternehmen sehr hierarchisch und strikt geführt wird, dann wird es natürlich sehr schwer sein, dass die Mitarbeiter ein offenes Gespräch suchen.

Eine transparente und offene Gesprächskultur muss unbedingt vorhanden sein!

Wie kann man sich Konfliktmanagement-Seminare, wie ihr sie haltet, vorstellen?

Margot Tschank: Wir beginnen mit einer generellen Erklärung dazu, was ein Konflikt ist. Auch, was Unstimmigkeiten, wenn sie ignoriert werden, an der einzelnen Person, am Team und in weiterer Folge im Unternehmen anrichten, wird erörtert.

Wir zeigen den Teilnehmern außerdem, wie man mit kleineren und auch schwerwiegenden Konflikten umgeht. Und dann ist es natürlich ganz wichtig, dass man in diesen Seminaren auf die individuellen Fälle eingeht, die möglicherweise in den Unternehmen sind.

Wir arbeiten natürlich ausgehend von unserer praktischen Erfahrung, aber auch jener unserer Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Das tun wir mittels Rollenspiel, um besser darzustellen, wie man Situationen erkennt und damit umgeht.

Horst Gamperl: Als Führungskraft muss man mit sehr viel Fingerspitzengefühl an solche Dinge herangehen. Natürlich gibt es kein Kochrezept für Konfliktmanagement – wir bieten in den Seminaren aber Muster an: Wie man z.B. Konfliktgespräche vorbereitet, aufbaut und auch grundsätzlich, wie man sich verhält in Streitsituationen. Die Rollenspiele sind wichtig, um das praktisch zu üben und, um sich selbst kennenzulernen.

Es ist sehr wichtig, beim Thema Streit und Konflikt Selbsterfahrung zu machen!

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Int. Wochenzeitung Verkehr

„Für Konflikte werden sehr viele Ressourcen verschwendet“

Verkehr sprach mit den zwei Wirtschaftsmediatoren Margot Tschank und Horst Gamperl über die Vorteile der Wirtschaftsmediation und deren Einsatz in der Logistikbranche.

Verkehr: Was versteht man unter Mediation?
Margot Tschank: Salopp gesagt kann man Mediation als Streitschlichtung bezeichnen. Wir Mediatoren sehen uns als Konfliktlöser, die in außergerichtlichen Verfahren Streitparteien wieder an den Verhandlungstisch und zum Dialog führen. Mediation ist kein vorgefasstes Patentrezept, das Konflikte einfach löst. Die Streitparteien müssen selbst aktiv eine Lösung finden. Dieser Prozess wird vom Mediator professionell begleitet. Der Mediator macht keine inhaltlichen Vorschläge. Er sorgt dafür, dass der Dialog strukturiert und zielorientiert geführt wird.

Welchen wirtschaftlichen Nutzen kann Mediation für ein Unternehmen haben?
Horst Gamperl: Studien zeigen, dass für Konflikte bis zu 15 Prozent Personalressourcen verschwendet werden, bei Führungskräften sogar bis zu 40 Prozent. Aus diesen Prozentsätzen können Personalkosten quantifiziert werden. Diese stellen, betriebswirtschaftlich gesehen, das maximale Potenzial für Produktivitätssteigerungen
dar.

Wie wird Mediation in der Logistikbranche aufgenommen?
Gamperl: Gerade für die Logistikbranche stellt Mediation ein neues Betätigungsfeld dar. Insbesondere durch die Entwicklungen in der Kontraktlogistik sehen wir großes Potenzial, Konflikte bei Prozessabläufen auszuräumen und durch einen guten Dialog erneut zum Laufen zu bringen. Konflikte in der Kontraktlogistik kosten Geld, Zeit und Energie. Diese zu lösen – darin besteht die Herausforderung für die Zukunft. Oft zeigt sich, dass die in einem Logistikkontrakt vereinbarten Leistungen Interpretationsspielraum eröffnen und über die tatsächliche operative Umsetzung unterschiedliche Sichtweisen entstehen. Eine gemeinsame Sichtweise ist jedoch der Schlüssel zum Erfolg.
Die Folgen sind gegenseitige Fehlerzuweisungen, mangelhafte Leistungserbringung, finanzielle Vorwürfe und Einbußen. Die Grundpfeiler in der Kontraktlogistik (kooperative Zusammenarbeit und das Schaffen von Win-win-Positionen) gehen verloren. Kundenbeziehungen stehen auf der Kippe. Hier hilft Wirtschaftsmediation.
Das Nichtlösen von Konflikten kostet viel Ressourcen.

Wann wird Mediation in Unternehmen eingesetzt?
Tschank: Mediation kann zur Lösung sowohl von innerbetrieblichen Konflikten als auch von zwischenbetrieblichen mit Kunden, Lieferanten, Partnern eingesetzt werden. Spezialformen sind die Begleitung der Übergabe von Familienunternehmen und die Begleitung von Lehrlingen und Lehrberechtigten im Konfliktfall.

Haben Sie ein aktuelles Beispiel aus dem Logistikbereich?
Gamperl: Ein typischer Praxisfall: Logistikdisponent und Lagerleiter arbeiten eng zusammen. Die Kommunikation zwischen den beiden ist allerdings so gestört, dass sie es vermeiden, sich am Arbeitsplatz zu treffen. Nach einem Vorgespräch mit einem Mediator fanden drei Gespräche zu jeweils zwei Stunden statt. In diesen Mediationssitzungen konnten Missverständnisse ausgeräumt und Vertrauen wieder aufgebaut werden. Bereits während der dritten Sitzung kommunizieren die Betroffenen konstruktiv miteinander und planen eine Zusammenarbeit zur Prozessverbesserung.

Wie sieht ein typischer Ablauf einer Mediation aus?
Gamperl: Der typische Ablauf besteht aus fünf Phasen: Entwickeln der Themen, die bearbeitet werden; Herausarbeiten von Interessen, Bedürfnissen und Ängsten; Entwickeln von Lösungen; Optionen besprechen, prüfen und wählen, abschließend Erzielen einer Vereinbarung und diese schriftlich festhalten. In der Wirtschaftsmediation werden oft zu Beginn Einzelgespräche mit den Medianten durchgeführt, um alle Sichtweisen kennenzulernen. Mediationsverfahren werden oftmals in Rahmen von Infrastrukturprojekten erwähnt.

Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung?
Tschank: Speziell in Bauverfahren könnte künftig die Mediation als Mittel zur Konfliktbereinigung verstärkt zum Einsatz gelangen. Die Herausforderung besteht darin, dass in Infrastrukturprojekten wie eben auch in Bauverfahren eine Vielzahl von Parteien betroffen sind und somit die Mediation oft sehr zeitaufwändig wird. Darüber hinaus ist die Behörde im Verwaltungsverfahren an die strengen gesetzlichen Vorgaben gebunden. Ausdrücklich verankert ist die Mediation in § 16 Abs. 2 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes. Diese Bestimmung ermöglicht es den Behörden, Umweltverfahren auf Antrag der Projektwerber zu unterbrechen, um ein Mediationsverfahren einzuschalten, wenn sich im Zuge des Genehmigungsverfahrens Interessenkonflikte zwischen Projektwerbern, den Parteien und sonstigen Beteiligten zeigen. Diese Entwicklung finden wir positiv, da dadurch lange Gerichtsverfahren vermieden werden.

Wie viel Bereitschaft zeigen Unternehmen, sich in Konfliktsituationen durch Mediatoren helfen zu lassen?
Gamperl: Noch zu wenig, da generell eine Scheu vorhanden ist zuzugeben, dass Konflikte vorhanden sind. Viele Unternehmer und Führungskräfte sind sich nicht bewusst, welche hohen Kosten und Produktivitätsverluste durch nicht gelöste Konflikte entstehen. Einige Beispiele sind unter anderem: Fluktuation, Fehlzeiten, Dienst nach Vorschrift, innere Kündigung, Verlust von Kunden, Anwaltsund Gerichtskosten, Knowhow-Verlust, Mobbing, Produktivitätseinbußen, Auftragsrückgang und auch die Attraktivität als Arbeitgeber geht verloren.

Woran kann man einen qualifizierten Mediator erkennen?
Gamperl: Die Mediation hat sich als eine anerkannte Methode außergerichtlicher Konfliktlösung etabliert. Die Ausbildung ist sehr umfassend und wird mit der Durchführung eines Mediationsfalls in der Praxis und einer Prüfung abgeschlossen. Oberste Behörde für das Mediationswesen ist das Bundesministerium für Justiz. Dort wird eine Liste der eingetragenen Mediatoren geführt. Das Verfahren für die Eintragung in diese Liste ist als Verwaltungsverfahren konzipiert. Für eingetragene Mediatoren
gelten hohe „Sicherheitsbestimmungen“, was die Punkte Verschwiegenheit und Verjährung betrifft. Personen, die nicht in die Liste eingetragen sind, werden nicht von der Ausübung der Mediation ausgeschlossen. Für sie gelten weit weniger
strenge Bestimmungen.

Vielen Dank für das Gespräch!


WIRTSCHAFTSMEDIATION

„Jeder Konflikt ist lösbar"

Konflikte zwischen Unternehmen sind nicht nur nervenaufreibend, sondern verursachen auch hohe Kosten. Zwei Wirtschaftsmediatoren erklären, wie sie mit Streitpartnern Lösungswege finden.

Was macht ein Wirtschaftsmediator: Kann man ihn salopp als einen Streitschlichter bezeichnen?
HORST GAMPERL: Grundsätzlich stimmt das. Wir Wirtschaftsmediatoren sehen uns als Konfliktlöser, die in außergerichtlichen Verfahren Streitparteien wieder zum Verhandlungstisch und zum Dialog bringen wollen. Wirtschaftsmediation ist also ein konkretes Hilfsangebot an Unternehmen. Sowohl bei externen Konflikten mit anderen Unternehmen, als auch intern – beispielsweise in Teams oder zwischen Vorgesetzten und Arbeitnehmern. Spezialgebiete der Wirtschaftsmediation sind beispielsweise die Lehrlingsmediation sowie Firmenübergaben.

Sie haben in puncto Mediation Ihren Schwerpunkt auf dem Gebiet der Logistik: Besteht auf diesem ein besonders großer Bedarf an Konfliktlösungen? GAMPERL: Ich bin gelernter Logistiker und bringe folglich einiges an Fach- und Insiderwissen mit. Vor allem in der Kontraktlogistik gibt es regelmäßig Problemstellen zwischen Unternehmen. Da werden Verträge über gegenseitige Leistungen geschlossen, bei denen sich in der Praxis herausstellt, dass sie im operativen Betrieb so nicht realisierbar sind. Beim Abwickeln und Steuern der Material-und Informationsflüsse gibt es jede Menge Spielräume für Inter-pretationen und somit Potenzial für Konflikte. Da geht es um Warenmengen, um nicht klar definierte Leistungen etc. – man könnte sagen, um unterschiedliche Sichtweisen über das Was, Wie viel, Wie, Wann, Wo. Eskalieren diese Differenzen, dann stehen manchmal langjährige Kundenbeziehungen auf dem Spiel. Das Ziel des Wirtschaftmediators ist, hier wieder eine Gesprächsbasis herzustellen. Denn so ein Konflikt kann wirklich ins Geld und an die Ressourcen gehen. Und geht es dann auch vor Gericht, dann steigen die Kosten noch einmal exorbitant.

Worauf basiert eine Wirtschaftsmediation?
MARGOT TSCHANK: Beispielsweise auf dem wichtigen Prinzip, dass sie freiwillig sein soll. Sprich, alles was in ihrem Rahmen passiert, kann zwischen den Konfliktpartnern ausgemacht werden. Zum Unterschied zu einem Ge-richt oder Schiedsgericht: Dort wird immer eine Entscheidung ge-troffen, mit der dann manchmal beide Partner nicht glücklich sind.

Könnte man sagen, dass der Medlator zwischen den Konfliktpartnern einen wirklichen Konsens herstellen möchte und keinen – faulen – Kompromiss?
TSCHANK: Genau. Wir bespre-chen in einer Art Pendelmediation zuerst getrennt mit beiden Streit-partnern den Konflikt und hören uns ihre Sichtweisen an. Getrennt, weil am Höhepunkt einer Streitsi-tuation der eine dem anderen ja gar nicht mehr zuhört. Wir ma-chen Probleme und deren Ursa-chen bewusst. Man muss vom Richtig-falsch- bzw. Gut-böse-Denken wegführen und bei beiden Parteien eine neue Perspektive öffnen. In dem Sinne, dass sie sa-gen: So habe ich das Problem noch nie betrachtet.

Wie gehen Sie bei einer Mediation vor?
GAMPERL: Mediation hat mehrere Stufen, die unterschiedlich angewendet werden. Zuerst kommt die Analyse, bei der die Konfliktparteien Wünsche und Bedürfnisse for-mulieren. Dann die Konfrontation, bei der man sich mit den Vorstellungen des jeweils anderen auseinandersetzt. Zuletzt sucht man Lösungswege, die man in einer Vereinbarung auch niederschreiben kann. Für die Kontraktlogistik heißt das, dass die Parteien den Vertrag so adaptieren, dass er für beide realisierbar ist. Hier kommt es sehr auf das Fingerspitzengefühl des Mediators an.

Wie hoch ist die Erfolgsquote?
TSCHANK: Wir rechnen lieber in gesparten Konfliktkosten, die kann man recht genau bewerten.

Studien zeigen, dass durch Konflikte den Unternehmen an die 15 Prozent ihrer Personalressourcen verlorengehen. Bei Führungskräften sind es bis zu 40 Prozent ihrer Ressourcen. Das kann man in Personalkosten umrechnen. Löst man den Konflikt, dann sieht man, was man dem Unternehmen an Kosten gespart hat. Deshalb möchte ich noch betonen: Unternehmen optimieren Kostenarten wie Personal, Produktion, Vertrieb etc. Konfliktkosten sind für viele aber noch immer ein weißer Fleck. Deshalb sehen wir hier große Sparpotenziale, da diese Kosten bis dato selten bewertet wurden.

Gibt es auch nahezu unlösbare Konflikte?
GAMPERL: Grundsätzlich lautet mein Motto: Jeder Konflikt ist lös-bar! Aber wenn die obersten Prinzipien einer Wirtschaftsmediation, die Freiwilligkeit und das Wollen der Streitpartner, nicht gegeben sind, dann wird es sehr schwierig. Denn man kann und sollte eine Wirtschaftsmediation nicht befehlen oder verordnen.

Was ist Ihr Credo im Beruf?
GAMPERL: Ich möchte Unternehmen zeigen, dass Konflikte nicht nur lästig sind, sondern sie viel Geld kosten. Ein Konfliktpotenzial gibt es in jeder Beziehung, aber man muss lernen und verstehen, wie man damit umgeht.

Christian Kössler
Kleine Zeitung, 2. Oktober 2017